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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 16.10.2000
Aktenzeichen: 23 W 290/99
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 1
Leitsatz:

Erbringt ein mehrqualifizierter Rechtsanwalt Leistungen, die ausschließlich auf seinem besonderen Spezialwissen beruhen und im Wesentlichen keine Rechtsberatung darstellen, ist er nicht nach der BRAGO, sondern als Sachverständiger zu entlohnen.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

23 W 290/99 OLG Hamm 8 O 185/89 LG Bochum

in dem Rechtsstreit

Der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat 16. Oktober 2000 auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 11. Februar 1999 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Bochum vom 20. Januar 1999 ( I ) durch den Richter am Oberlandesgericht Schnapp, die Richterin am Oberlandesgericht Rautenberg und den Richter am Oberlandesgericht Lülling

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin wird kostenpflichtig nach einem Gegenstandswert bis zu 10.000 DM zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die Festsetzung der von den Beklagten zu 1)-3) als Gesamtschuldnern der Klägerin zu erstattenden Kosten läßt keinen Fehler zum Nachteil der letzteren erkennen.

Dies gilt auch hinsichtlich der im angefochtenen Beschluß mit 23.020,70 DM in Ansatz gebrachten Kosten des Rechtsanwalts und Wirtschaftsprüfers J aus F. Die mit insgesamt 23.981,53 DM angemeldeten Kosten entsprechend einer 15/10Gebühr nach einem Gegenstandswert von 3.697.303,00 DM nebst 20,00 DM Auslagenpauschale zzgl. 3.128,03 DM Mehrwertsteuer sind darüber hinaus nicht erstattungsfähig.

Zur Berechnung der erstattungsfähigen Vergütung, des als Sachverständiger für die Klägerin tätigen Rechtsanwalts J kann abweichend vom angefochtenen Beschluß nicht die seiner Honorarabrechnung zugrunde gelegte Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) herangezogen werden. Gegenstand der beratenden Tätigkeit, des Rechtsanwalts J, insbesondere auch seiner schriftlichen Stellungnahme vom 20.05.1992 zum Gutachten der G waren komplizierte steuerrechtliche Fragen in Zusammenhang mit der Ermittlung des Verkehrswerts der Fa. D in D aus Anlaß der im Ausgangsrechtsstreit ausgetragenen Erbauseinandersetzung der Parteien. Gefordert waren somit ausschließlich seine besonderen Spezialkenntnisse als Wirtschaftsprüfer und nicht als Rechtsanwalt. Damit sind die im Ausgangsrechtsstreit erbrachten Tätigkeiten des mehrqualifizierten Rechtsanwalts J zumindest unter erstattungsrechtlichen Gesichtspunkten ausschließlich als Sachverständigenleistungen zu bewerten es sei denn, eine Abrechnung nach BRAGO käme zu keinen höheren Beträgen.

Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die Berechnung einer Sachverständigenvergütung erfolgt in aller Regel auf Stundenbasis entsprechend dem tatsächlichen Arbeitsaufwand des Sachverständigen und seiner Hilfskräfte. Hiervon abzuweichen bestand im vorliegenden Fall keine Veranlassung. Eine Abrechnung auf Stundenbasis würde auf der Grundlage des vom Privatgutachter der Beklagen zu 1) und 3) berechneten Stundensatzes von 400,00 DM - den berücksichtigten Betrag von 23.020,70 DM nicht übersteigen. Damit wären nach Abzug der Kosten einer Schreibkraft für die Reinschrift der schriftlichen Stellungnahme vom 20.05.1992 in Höhe von allenfalls 200,00 DM über 49 Arbeitsstunden des Wirtschaftsprüfers J abgegolten (49 Std. á 400,00 DM = 19.600 zzgl. 2.940,00 DM MwSt. = 22.540,00 DM). Weiterer Zeitaufwand für die Ausarbeitung der aufgrund einer bloßen Durchsicht des Gutachtens der erfolgten schriftlichen Stellungnahme, die keine endgültigen Feststellungen in der Sache enthält, sowie für die Beratung der Klägerin und Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 20.04.1993 ist nicht dargetan. Damit verbleibt es beim Ansatz von lediglich 23.020,70 DM als erstattungsfähige Vergütung der Tätigkeit des Rechtsanwalts J.

Die Kosten des im Berufungsverfahren 10 U 106/93 OLG Hamm für die Klägerin aufgetretenen Rechtsanwalts Dr. H sind entgegen der Auffassung der Klägerin zutreffend nach Maßgabe der Kostengrundentscheidung im Urteil des 10. Zivilsenats des hiesigen Oberlandesgerichts vom 02.09.1997 mit einem Betrag von 28.020,81 DM entsprechend 44 % der Gebührenforderung von 63.683,67 DM gegen sämtliche Beklagten als Gesamtschuldner in Ansatz gebracht worden.

Die mit ihrer Beschwerde ebenfalls beantragte Erstattung der von ihr für die gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. G und D verauslagten Kosten ("Gerichtskosten") kann im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren der §§ 103, 104 ZPO nicht erfolgen. Diese Kosten sind in die beanstandete Kostenfestsetzung nicht eingeflossen. Darüber hat das Landgericht im Rahmen der noch nicht beschiedenen Gerichtskostenrerinnerung der Klägerin vom 01.06.1998 nach § 5 GKG zu befinden.

Da der angefochtene Beschluß auch im übrigen keinen Fehler zum Nachteil der Klägerin erkennen läßt, ist ihre Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenfolge beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Wertfestsetzung folgt aus den §§ 12 GKG, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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